Blog Post

Lebst du schon, oder erfüllst du noch Erwartungen?

Sandra Witulla • 25. Januar 2020

Wie das freudige Leuchten in den Augen zurückkehren kann.

Junge Kinder haben es noch - das freudige Leuchten in den Augen. Neugierig entdecken sie die Welt. Probieren Dinge aus und lernen dabei, ohne sich Gedanken zu machen, was andere von ihnen denken könnten.

Doch irgendwann ist es weg, das Leuchten. Irgendwann sind die Augen genauso traurig, wie die Augen vieler Erwachsener.

Wann hast du dein Leuchten in den Augen verloren? Weißt du noch, wie dein Leben vorher war? Wer DU vorher warst?

Ich möchte eine wahre Begebenheit aus meinem Leben erzählen. Eine Begebenheit, die einen möglichen Grund, warum das Leuchten verschwindet, deutlich macht.

Ich war kürzlich mit einer lieben Kollegin auf einem Konzert in Oberhausen. Das Konzert sollte um 20:00 Uhr mit einer Vor-Band beginnen. Einlass war ab 18:30 Uhr. Es war ein Freitag, also ein Tag, an dem wir beide arbeiten mussten. Wir kamen überein, dass wir um 17:45 Uhr bei meiner Kollegin losfahren werden, mit geplanter Ankunftszeit in Oberhausen um 19:00 Uhr. Ich hatte nach der Arbeit sogar noch Zeit, mich etwas auf's Ohr zu legen und mich auszuruhen. Entspannt holte ich meine Kollegin um 17:45 Uhr von zu Hause ab und wir fuhren in freudiger Erwartung zu dem Konzert. Wir kamen zur geplanten Zeit um 19:00 Uhr an und mussten am Eingang auch nicht mehr warten, da der Einlass schon vor einer halben Stunde begonnen hatte und kaum noch Leute draußen vor der Tür standen. Es war ein Konzert mit Stehplätzen und freier Platzwahl.

Nachdem wir uns orientiert hatten und uns Getränke besorgt hatten, machten wir uns auf den Weg zur Bühne. Es war voll, aber nicht zu voll, sodass wir in der 4. Reihe vorne vor der Bühne Platz gefunden hatten und auf den Beginn des Konzerts warteten, bis - ja bis wir von einem jungen Mann angesprochen wurden, der nun hinter uns stand. Er begann das Gespräch, indem er seinen Unmut äußerte, dass er jetzt etwas ungehalten wäre. Wir guckten ihn beide erstaunt mit großen Augen an und fragten nach dem "warum".

Er antwortete, dass er um 14:30 Uhr von zu Hause losgefahren sei und seit 15:45 Uhr vor der Eingangstür zur Konzerthalle gewartet hätte. Gewartet - von 15:45 Uhr bis zum Einlass um 18:30 Uhr bei Temperaturen um die Null Grad - und wir stünden jetzt sogar noch vor ihm in der Reihe vor der Bühne. Wir guckten ihn etwas ungläubig und mitleidig an. Ich sagte ihm, dass wir ganz entspannt um 17:45 Uhr von zu Hause losgefahren wären und ich sogar noch Zeit gehabt hätte, mich vor dem Konzert auszuruhen.

Er ärgerte sich ganz offensichtlich über diese Tatsache. Hätte er in diesem Moment seine Zeit nicht dafür genutzt, sich aufzuregen und zu ärgern, hätte er eine wichtige Lektion in seinem Leben lernen können:

"Du musst nicht immer der Erste und der Schnellste sein, um ans Ziel zu kommen - derjenige, der am effizientesten handelt, kommt auch ans Ziel und zwar am entspanntesten."

Wir standen um 19:30 Uhr in der selben Reihe vor der Bühne - er mit einem Vorlauf von 5 Stunden, wir mit einem Vorlauf von weniger als 2 Stunden. Die selbe Reihe, dasselbe Konzerterlebnis - erlangt mit einer Zeitersparnis von 3 Stunden und mit warmen anstatt mit kalten Füssen gegenüber dem jungen Mann.

Was hat das mit dem Leuchten in den Augen unserer Kinder zu tun?

Ganz einfach: Hat dich in deinem ganzen Leben jemals irgendjemand danach gefragt, mit welchen Notendurchschnitt du von der 6. in die 7. Klasse versetzt worden bist, oder von der 7. in die 8. Klasse ? Es interessiert heute niemanden mehr, ob du damals in der 6. Klasse mit einem Einser-Durchschnitt oder einem Vierer-Durchschnitt in die 7. Klasse versetzt worden bist. Eine 4 reicht, um versetzt zu werden. Alles darüber hinaus ist Zugabe. Es reicht völlig aus, wenn du zum Schulabschluss hin, das beste gibst, um einen bestmöglichen Abschluss zu erreichen. Der Weg dorthin kann von Ehrgeiz und Leistungswillen besessen erfolgen, oder auch entspannter und ruhiger.

Ab wann hast du den Leistungsdruck deiner Eltern gespürt? Ab wann hattest du Angst, dass das, was du leistest, nicht genug sein könnte?
Das Interessante dabei ist, dass es nicht deine Angst war, die du gespürt hast, sondern dir die Angst "nicht gut genug zu sein" von deinen Eltern mitgegeben wurde.

Wenn du ein Kind hast und es zum fleißigen Lernen zwingen musst, wer hatte dann ganz ursprünglich Angst, dass die Leistung deines Kindes nicht reichen könnte, wenn nicht gelernt wird? Ist es die Angst des Kindes? Nein, es ist nicht die Angst deines Kindes, eben weil du Zwang anwenden musst. Wenn dein Kind die Angst hätte, würde es von selber lernen. Es ist deine Angst gewesen. Deine Befürchtung, der Gesellschaft "nicht genug zu sein" - nicht erfolgreich zu sein.

Das ist ein Zeitpunkt im Leben, wo das Leuchten in den Augen unserer Kinder stirbt - Erwartungen und Leistungsdruck der Eltern oder der Gesellschaft. Das Gefühl "nicht genug zu sein" und nicht genug zu leisten. "Bald kommst du in die Schule, dann fängt der Ernst des Lebens an."

Dann stirbt das Leuchten in den Augen deiner Kinder, wenn du nicht aufpasst.

Meine Kollegin und ich hätten beinahe noch einen "draufgesetzt". Warum? Weil vor uns in Reihe eins, zwei und drei auch noch etwas Platz war.
Meine Kollegin sagte dann aber zu mir: "Wenn wir jetzt noch weiter nach vorne gehen, dann treffen wir womöglich auf die Leute, die noch eine Stunde früher, also schon ab 14:45 Uhr vor der Eingangstür in der Kälte gewartet haben. Die sind dann vielleicht richtig sauer auf uns..."

Wir mussten beide bei diesem Kommentar so laut und herzlich lachen. "Ich warte hier schon ab viertel vor vier" ist jetzt ein Running Gag von uns beiden - dieses Erlebnis ist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch entspannt und gelassen ans Ziel kommen kann - ohne eingefrorene Füße, mit einem Lächeln auf den Lippen und dem Leuchten in den Augen.

Lebst du schon, oder erfüllst du noch Erwartungen? Und wessen Erwartungen sind das eigentlich?

von Sandra Witulla 19. September 2020
Zu diesem Thema möchte ich dir eine kurze Geschichte erzählen. Ein junger Mann hatte das Bedürfnis, sich nach einer langen Wanderung an einem wunderschönen Sandstrand auszuruhen. Das blaue Meer sah einladend aus und so beschloss er, sich abzukühlen und ein Bad zu nehmen. Nach ein paar Minuten des Umherschwimmens geriet er in eine starke Strömung, die ihn auf's Meer heraus trieb. Zunächst versuchte der junge Mann noch, gegen die Strömung anzuschwimmen, doch er bemerkte schnell, dass dies keinen Sinn hatte, die Strömung war viel zu stark. Panik stieg in ihm auf und nun traf er eine sehr, sehr mutige Entscheidung. Er hatte erkannt, dass er der Situation momentan nicht Herr werden kann, egal wie sehr er sich anstrengte. Also entspannte sich der junge Mann und ließ sich mit dem Strom auf's Meer heraus treiben. Die Entfernung zum Ufer wuchs und wuchs. Einige Hundert Meter trennten ihn vom Strand, als die Kraft der Strömung nachließ und er damit beginnen konnte, zum Strand zurückzuschwimmen. Mit seinen allerletzten Kraftreserven erreichte er das Ufer. Hätte der Junge Mann die ganze Zeit versucht, gegen die Strömung anzukämpfen, während diese ihn immer weiter fortriss, hätten seine Kräfte nicht ausgereicht, um das Ufer zu erreichen, nachdem die Strömung nachgelassen hatte. Diese Geschichte verdeutlicht die Bedeutung der Redewendung: "Wenn nichts zu tun ist, tue nichts." Wenn der Strom momentan stärker ist als du, dann lass dich treiben und gibt die Kontrolle ab. Und wenn die Zeit gekommen ist, in der du wieder handeln kannst, dann strenge dich nach Leibeskräften an - aber erst dann. Vorher macht es keinen Sinn und vergeudet wertvolle Kraftreserven.
von Sandra Witulla 27. Juni 2020
Wie deine Gedanken direkten Einfluss auf den Aufbau deines Gehirns haben.
von Sandra Witulla 5. Mai 2020
Die einzige Person, die dich aufhalten kann, ist die Person, die du jeden Tag im Spiegel siehst.
von Sandra Witulla 20. April 2020
Wenn es dir egal ist, was andere über dich denken, hast du die höchste Form der Freiheit erreicht.
von Sandra Witulla 29. März 2020
Wie Sorgen dir deinen inneren Frieden streitig machen und was du dagegen tun kannst.
von Sandra Witulla 24. März 2020
Corona hält dir den Spiegel vor
von Sandra Witulla 15. März 2020
Wer ist der wichtigste Mensch in deinem Leben und warum? Auf diese Frage antworten die meisten meiner Klienten ganz unterschiedlich: "mein Partner", "meine Kinder" oder "meine Eltern". Dann gucke ich meinen Klienten immer direkt in die Augen und frage sie, ob sie die wichtigste Person in ihrem Leben nicht gerade vergessen haben. Meist schauen meine Klienten dann immer etwas fragend und ratlos. Dann frage ich: "Was ist denn mit Ihnen? Sind Sie nicht der wichtigste Mensch in Ihrem Leben?" - Schweigen- Es ist ganz einfach und hat nichts mit Egoismus zu tun. DU bist der wichtigste Mensch in deinem Leben. Nur wenn es dir gut geht, wenn du genügend Kraft und Energie hast, bist du für deine Familie, für deinen Partner, für dein soziales Umfeld ein Gewinn. Niemanden hilft es, wenn du am Boden liegst und erschöpft bist, wenn du dich aufopferungsvoll um alle kümmerst und selbst auf ein Burnout zusteuerst. Du kannst deinem sozialen Umfeld nur dann helfen, nur dann Energie abgeben, wenn du selbst genug davon hast. Wenn du es immer allen recht machen möchtest, hast du unter Garantie einen Menschen völlig vergessen: DICH! Wie redest du mit dir selbst, wenn etwas schief geht oder du einen Fehler gemacht hast? Ich kenne Menschen die dann laut mit sich selber schimpfen: "ich Vollidiot, ich bin so dumm, das ist ja wieder typisch." Jetzt frage ich dich: würdest du so mit einem guten Freund/in reden, oder mit jemanden den du liebst? Nein? Warum redest du dann so unverschämt mit dir selbst? Dein Unterbewusstsein speichert die Art und Weise, wie du mit dir selbst umgehst und automatisiert diese Gedanken. Irgendwann fällt es dir total leicht, dich selbst zu beschimpfen und du glaubst mehr und mehr, dass du minderwertig bist. Achte darauf, wie du dich selbst behandelst. Vielleicht bist du mit dir selbst beim nächsten Fehler etwas nachsichtiger, gehst vielleicht mit Humor mit deinen Fehlern um, dann können dein Unterbewusstsein und du gemeinsam über gewisse Situationen schmunzeln. Denn nur, wenn du genug Wert hast, genug Energie hast, bist du in der Lage davon etwas abzugeben und mit deiner Umwelt zu teilen.
von Sandra Witulla 8. März 2020
Ist dir auch schon einmal aufgefallen, dass nur Liebeslieder im Radio laufen, wenn du Liebeskummer hast?
von Sandra Witulla 22. Februar 2020
Wenn du vor lauter fremder Erwartungen nicht mehr weißt, was du selbst denkst.
von Sandra Witulla 6. Februar 2020
Von Angst und Gefahr
Show More
Share by: